Der deutsche Immobiliensektor ist geprägt von einem ständigen Entwicklungs- und Bewegungsprozess. Immobilienmarktberichte und statistische Auswertungen aus allen Bereichen zeigen regelmäßig auf, dass die Preise für Immobilien in vielen Gebieten in Deutschland steigen. Doch unvorhergesehene Entwicklungen wie eine weltweite Pandemie oder das Platzen der sogenannten Immobilienblase könnten ein Risiko für alle darstellen.
Maßgebend für die Veränderung der Quadratmeterpreise ist die Symbiose zwischen Angebot und Nachfrage. Wie sich die Entwicklung der Immobilienpreise in Zukunft verhält, beschäftigt sowohl Interessenten wie auch Besitzer. Die Preise für Eigentumswohnungen stiegen in den letzten 5 Jahren um nahezu 50 %.
Bereits jetzt ist sichtbar, dass die Tendenz auf dem Land eine andere Richtung einnehmen könnte, als in den deutschen Metropolen.
Im Vergleich zum Vorjahr ist der Häusermarkt in Metropolen mit über 100.000 Einwohnern um 7,3 % gestiegen. Betrachtet man diese Statistik für einen Zeitraum von 5 Jahren, so beträgt die Veränderung sogar etwa 29 %. In dicht besiedelten Landkreisen wurde in den letzten 5 Jahren ebenfalls ein Anstieg verzeichnet. Dieser beträgt etwa 33 % und im Vergleich zum Vorjahr 8,9 %.
An und für sich sind die Marktpreise für das Kaufen und Mieten von Häusern, Wohnungen oder Gewerbeobjekten und folglich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage von zahlreichen Einflussfaktoren abhängig. Daher betrachten wir alle wichtigen Parameter des Marktes einzeln und erörtern einen Ausblick auf die nächsten Jahre.
Die große Frage ist daher: Bleibt der Aufwärtstrend in den folgenden 20 Jahren bestehen oder ist der Trend rückläufig?
Für die Aufstellung einer fundierten Prognose des Immobilienmarktes der nächsten 20 Jahre, sollte zunächst erörtert werden, welche Einflüsse es auf die Preisgestaltung gibt. Als wesentlichsten Punkte gelten:
Die Kaufkraft eines Landes bestimmt das Nachfrageverhalten auf dem Immobilienmarkt. Daher sind das reale Einkommenswachstum, das Investitionsverhalten und der Stand der Konjunktur zu begutachten. Seit 2019 stiegen die Bruttolöhne der Deutschen um 4,1 %. Für Arbeitnehmer mit einem Vollzeitjob besteht aktuell ein durchschnittlicher Monatsverdienst in Höhe von 3.994 EUR brutto. Ausschlaggebend für die Kaufkraft ist jedoch das zur Verfügung stehende Haushaltseinkommen je Einwohner. Dieses beträgt aktuell 1908,25 EUR. Seit 1995 registrierte das Statistische Bundesamt einen Anstieg von 36,08 %.
Neben der Einkommensentwicklung ist die gesamtwirtschaftliche Lage zu beurteilen, um den Einfluss auf den Immobilienmarkt zu ermitteln. Dazu zählen u. a. die Kapazitätsauslastung der Unternehmen (Auftragslage), die Beschäftigungsquote sowie aktuelle Arbeitslosenzahlen.
Viele Konstanten lassen vermuten, dass die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) weiterhin auf dem derzeitigen niedrigen Niveau verbleiben werden. Aktuell ist abzusehen, dass ein Anstieg nur sehr langsam eintreten würde. Diese Hypothese ist vorrangig auf die Zinspolitik der EZB sowie den Rückgang der Anleihenkäufe zurückzuführen. Trifft dies jedoch nicht zu und eine Erhöhung der Zinsen würde zügiger und umfangreicher als bisher angenommen erfolgen, so wären die Effekte auf den Immobilienmarkt unweigerlich bemerkbar.
Die Entwicklung der Zinsen sowie der aktuelle Stand der Konjunktur – diese Beeinflussung des Immobilienmarktes dürfte jedem schnell bewusst sein. Zu den wegweisendsten Kräften zählt jedoch die demografische Entwicklung des Landes. Zwar ist der Anstieg der Bevölkerungszahlen rückläufig, dennoch erfährt die demografische Entwicklung bereits seit einiger Zeit einen Strukturwandel. Wird die Einwohnerzahl in gewissen Gebieten rasant steigen oder sinken, so sinkt die Nachfrage und dementsprechend hätte dies einen Einfluss auf den allgemeinen Angebotsmarktpreis von Immobilien.
Zusätzlich zum voraussehbaren Zuwachs aufgrund der Zuwanderung aus dem Ausland kommt, die Tatsache, dass Senioren glücklicherweise länger leben als in der Vergangenheit.
Für Immobilienbesitzer und / oder Vermieter ist zu befürworten, dass die Zukunft im Auge behalten werden sollte. Gerade für private Wohnungs- und Hausbesitzer handelt es sich um turbulente Zeiten. Um die Frage zu beantworten, sollte zwischen ländlicheren Gebieten und Metropolen unterschieden werden.
Prinzipiell lässt sich sagen, dass der bisherige Verlauf der letzten Jahre höchstwahrscheinlich weiter konstant bleiben wird. Im Gleichnis zu den zurückliegenden Jahren wird der Preis jedoch weniger rasant steigen. Eine der Ursachen für diese Prognose ist der ansteigende Flächenbedarf pro Bürger. Ferner ist eine wachsende Zahl von Ein-Personen-Haushalten wahrzunehmen. Zwar wird hierdurch keine Senkung der Nachfrage erfolgen, jedoch wird es das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage verstärken. Dadurch ist abzusehen, dass die Immobilienpreise weiter ansteigen werden.
Eine Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts unterlegt diese Vermutung und prognostiziert einen Wertzuwachs in über 200 Landkreisen und Städten in Deutschland. Gerade die Metropolen wie Frankfurt, Berlin und München sind in dieser Analyse oben angesiedelt. In München soll der Kaufpreisanstieg pro Jahr 1,7 % steigen und Quadratmeterpreise von über 8.000 EUR bei Weitem übertreffen.
Professor Bernd Raffelhüschen und Roman Witkowski von der Universität Freiburg erwarten in ihrer Studie „Soziodemografischer Wandel und regionale Immobilienmärkte“ im Durchschnitt einen Nachfrageanstieg für Wohnraum von 10 %.
Die Urbanisierung und die dadurch entstandene höhere Nachfrage stehen bereits seit einiger Zeit im Konflikt mit fehlenden Wohnraum in städtischen Gebieten. Die zurückliegende Entwicklung mündet in der Tendenz, die wir auch für die nächsten 20 Jahre sehen. Trotz abnehmender Bevölkerungszahl besteht der Trend zu kleineren Haushalten. Daher wird weiter eine ansteigende Zahl privater Haushalte und somit eine höherer Nachfragewert erwartet.
Der Aufwärtsentwicklung der städtischen Immobilienpreise zum Trotz, titelte das Handelsblatt bereits im Jahre 2017, dass es „viel zu viele Häuser auf dem Land“ geben würde. Nach Bewertungen des Instituts der deutschen Wirtschaft wird auf dem Land zu viel gebaut. Für diese Aussage sei der Rückgang der Bevölkerungszahlen sowie das Bestehen leerstehender Häuser maßgeblich. Dies hat zur Folge, dass bei einem zukünftigen Verkauf keine hohen Verkaufspreise und Gewinne erzielt werden können.
Die regionale Nachfrageentwicklung auf dem Wohnungsmarkt steht in enger Abhängigkeit zu der Einwohnerzahl in unseren Regionen und Städten. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen welche Strukturen sich in Bezug auf Haushalte etablieren.
Als geeigneter Arbeitsort und Lebensmittelpunkt zieht es vermehrt Menschen in Richtung der Städte. Gerade in zentralen Gebieten überschreitet die Wohnraumnachfrage das bestehende Angebot, was einen zusätzlichen Preisanstieg zur Folge hat.
Durch die niedrigeren Haushaltsgrößen wird dieser Effekt noch verstärkt. In der Haushaltsvorberechnung bis 2035 geht das Statistische Bundesamt von einem fortwährenden Aufwärtstrend der Zahlen für Singlehaushalte. Dagegen schätzt das Statistische Bundesamt einen deutlichen Rückgang von größeren Personenhaushalten. Im Jahre 1991 existierten in Deutschland 23 Mio. Ein- und Zweipersonenhaushalte und 13 Mio. größere Haushalte. In 15 Jahren rechnet das Bundesamt bereits mit 34 Mio. Single- und Doppelhaushalten und lediglich 8 Mio. Drei- oder Vierpersonenhaushalte. Außerdem rechnen Professor Bernd Raffelhüschen und Roman Witkowski von der Universität Freiburg mit einem Anstieg des durchschnittlichen Bedarfs an Wohnfläche um 10 % pro Person.
Die Zinsen für Baudarlehen und Hypotheken stehen dem andauernden Anstieg der Kauf- und Mietpreise mit ihrem fortwährenden Abwärtstrend in nichts nach. Gerade dies verdeutlich die Abhängigkeit dieser beiden Parameter. Bis 2016 war die Entwicklung der Leitzinsen der Europäischen Zentralbank wenig konstant. So wurde am 10. März 2016 der Leitzins der EZB auf 0 Prozent festgelegt und seitdem nicht wesentlich erhöht.
Die Coronakrise löste zwar einen leichten Anstieg mit leichten Schwankungen aus, dennoch ist mit einer exorbitanten Steigerung nicht auszugehen. Bei der Vergabe von Krediten bewerten die Kreditinstitute etwaige Risiken neu und sind verhalten bei der Weitergabe kleinerer Zinsrückgänge. Historisch betrachtet liegen die Zinsen für eine Baufinanzierung auf einem besonders niedrigen Niveau.
Entscheidend für die Höhe der Baufinanzierungszinsen ist auch der Zeitpunkt, zu dem die Finanzierung abgeschlossen wird. In günstigen und niedrigstehenden Zeiträumen lassen sich so viele tausende Euro einsparen. Ein sensibles und fachkundiges Fingerspitzengefühl kann demgemäß beim Abschluss der Baufinanzierung einen weitreichenden Effekt zugunsten des Käufers haben.
Die Prognose zur Entwicklung der Demografie in unserem Land zeigt auf, dass die Bevölkerungszahl zurückgehen wird und das Durchschnittsalter steigt. Die Lebenserwartung wird aufgrund des medizinischen Fortschritts immer besser. Daher wird die Bevölkerung schrumpfen und zugleich altern. Auch die eventuelle Einwanderung aus dem Ausland kann diese Tendenz nicht gänzlich aufhalten – lediglich eindämmen. Gerade in dicht besiedelten Gebieten wird die flächenmäßige Wohnraumnachfrage durch die Migration steigen. Auch in den umliegenden Landkreisen wird dies bemerkbar sein. Daher ist davon auszugehen, dass in Regionen mit einer liberalen Migrationspolitik und hohen Zuwanderungszahlen in den nächsten Jahrzehnten eine Zunahme von Haushalten erfolgen wird.
Aktuell gehen Experten nicht davon aus, dass die Folgen des Covid-19 Virus nur kleine Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben werden. Der krisenbedingte Einkommensverlust wird abgefedert durch staatliche Unterstützungen wie das Kurzarbeitergeld. Daher gibt es aktuell aufgrund der Schließungen im Frühjahr 2020 keine übergroßen Veränderungen in der Einkommensentwicklung. Ob der zweite Shutdown weitreichendere Folgen auf den Immobilienmarkt haben wird, ist davon abhängig, wie groß die Einkommensverluste der betroffenen Menschen sein wird. Sollten breitflächige Rückgänge des Bevölkerungseinkommens verzeichnet werden, so kann dies die Nachfrage nach Immobilieneigentum schwächen.
Dennoch bringt der eigene Besitz von Immobilien gleichzeitig auch Sicherheit und Ungebundenheit. Dies hat sich bereits in zurückliegenden Krisensituationen bestätigt und unter anderem Inflationen standgehalten.
Aufgrund ganzheitlicher Einsparungsmodelle vieler Unternehmen entwickelten sich bereits seit Jahren neue Organisationsmodelle rund um bestehende Büroräume. Das aktuell stark etablierte Homeoffice verringert die Nachfrage nach (innerstädtischen) Geschäftsimmobilien weiter.
Im internationalen Vergleich stehen deutsche Unternehmen im Mittelfeld, wenn es um die Immobilienkosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten geht. Unseren Prognosen nach sollte nicht mit einem wesentlichen Anstieg der Bürokosten gerechnet werden.
Trotz des geringeren Bedarfs für Büros werden in der Zukunft weitere Neubauobjekte über den Bedarf hinaus errichtet. Die stetig wechselnden Anforderungen und Modernisierungen wirtschaftlicher Unternehmen veranlassen eher zum Neubau anforderungsgerechter Gebäude, als zum Erwerb veralteter und nicht passender Immobilien.
Durch den allgemeinen Rückgang der Einzelhandelsumsätze und höhere Kosten für andere Lebensbereiche wird die Zahl der sogenannten „Discounter“ weiter steigen. Einzelhandelsimmobilien werden daher in dezentralen und verkehrstechnisch gut zu erreichenden Regionen weiterhin stark gefragt, so Experten.
Als Immobilienblase versteht man ein besonderes Ausmaß der Spekulationsblase. Diese zeigte sich in den zurückliegenden Jahren vermehrt auf den Finanzmärkten. In Fachkreisen spricht man von Preisübertreibungen, die für das Entstehen einer Immobilienblase sorgen. Käufer sind in diesem Fall dazu bereit, viel zu überteuerte Preise für eine gewählte Immobilie zu zahlen. Die Immobilienblase ist geprägt davon, dass die Nachfrage das Angebot in erheblichem Maße übersteigt und Immobilienbesitzer oder gewerbliche Verkäufer viel zu hohe Kaufpreise verlangen. Die Immobilienblase pustet sich dabei durch die fortlaufend steigenden Preise proportional auf, bis die maximal zu erreichende Preislage erreicht ist. In diesem Moment „platzt“ die Immobilienblase und die Preise können rasant sinken.
Diese Parameter sorgen für die Bildung einer Immobilienblase:
Die Immobilienblase platzt in dem Moment, wenn das Angebots- Nachfrageverhältnis sich wesentlich verändert. Übersteigt das Angebot die Nachfrage bei weitem, so fallen die Preise für Immobilien extrem schnell ab. Eine sinkende Nachfrage könnte zur Ursache haben, dass Kaufinteressenten nicht bereit dazu sind überteuerte Preise für Immobilien zu zahlen.
Sollte kurzfristig mehr Wohnraum zur Verfügung stehen, weil viele Neubauten fertiggestellt wurden, kann dies ebenfalls die Nachfrage eindämmen.
Verständlicherweise ist das Bestehen der Immobilienblase auch von der vorhandenen Kaufkraft der Einwohner eines Landes abhängig. Steigen die Zinsen für Baukredite so können sich Immobilienbesitzer die Kreditraten nicht weiter erfüllen und eine Zwangsversteigerung könnte die Folge sein.
Gerade durch die aktuelle Situation befürchten Immobilienbesitzer ein höheres Angebot, mehr leerstehende Gebäude sowie einen extremen Preissturz. Dennoch beurteilten die Experten des Hamburgischen Wirtschaftsinstituts diese Ängste nüchtern und rechnen aufgrund der wachsenden Metropolen mit einer weiterhin beständigen Nachfrage. Besonders in Großstädten wie Potsdam, Dresden, Ingolstadt und Mainz ist mit einem jährlichen Preisanstieg von mehr als 1 % zu rechnen.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Immobilienmarkt in Deutschland aufgrund der sehr guten Entwicklung der letzten Jahre einen stabilen Stand hat und auch weltweite Krisen den dynamischen Bedingungen zu gute kommen können. Die Fachleute der Uni Freiburg, dem Statistischen Bundesamt, dem Hamburger Weltwirtschaftsinstitut sowie die Mehrheit der Immobilienexperten geht von einem weiteren Wachstum gerade in Metropolen und Stadtgebieten aus. Dennoch wird der Markt die Anstiegsrate und Geschwindigkeit nicht beibehalten können, daher ist mit einem langsameren doch stetigen Wachstum zu rechnen.
In ländlicheren und dezentraleren Regionen ist wegen der demografischen Entwicklung mit einer noch niedrigeren Nachfrage und dementsprechend niedrigeren Angebotspreisen und einem Wertverlust für Eigentümer zu rechnen. Zu empfehlen ist es daher, in Regionen mit nachfrageüberschreitenden Neubauprojekten sparsam umzugehen und keine neuen Baugebiete festzulegen.